Künstliche Intelligenz in der Sozialwirtschaft: Mehr als nur eine technologische Innovation

In einer Zeit, in der die sozialen und gesundheitlichen Herausforderungen immer komplexer werden, gewinnt die Integration von Künstlicher Intelligenz in der Sozialwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Lea Bergmann von vediso gibt uns in einem exklusiven Interview Einblicke, wie KI praktisch angewendet werden kann, um sozialwirtschaftliche Dienstleistungen zu verbessern und welche ethischen Überlegungen dabei unerlässlich sind. Lea Bergmann ist erfahrene Expertin für Digitalisierung in der Sozialwirtschaft und arbeitet als Verbandsreferentin bei vediso, dem Verband für Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, und Beraterin im Projekt „pulsnetz MuTiG„. Der vediso unterstützt sozialwirtschaftliche Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation durch Beratung, Schulung und die Förderung von Technologieanwendungen, die speziell auf die Bedürfnisse sozialer Dienstleistungen zugeschnitten sind.

Könntest du kurz beschreiben, welche Rolle Künstliche Intelligenz in der Sozialwirtschaft spielt?

Lea Bergmann: Künstliche Intelligenz (KI) bietet in der Sozialwirtschaft erhebliche Chancen, insbesondere bei der Optimierung und Personalisierung der Unterstützung, die wir den Menschen bieten. KI kann dabei helfen, die Qualität der Pflege zu verbessern und gleichzeitig die Arbeitsbelastung für das Personal zu reduzieren.

Welche spezifischen Projekte oder Anwendungen von KI findest du in diesem Bereich am vielversprechendsten?

Lea Bergmann: Es gibt viele spannende Ansätze, aber besonders hervorheben möchte ich KI-Anwendungen, die die Barrieren in der Arbeitswelt und im sozialen Leben abbauen. KI-Technologien können Menschen mit kognitiven und körperlichen Einschränkungen unterstützen, indem alltägliche Aufgaben erleichtert werden.

Welche Herausforderungen und ethischen Überlegungen sollten beachtet werden, wenn man über den Einsatz von KI in der Sozialwirtschaft nachdenkt?

Lea Bergmann: Die größte Herausforderung liegt in der Integration von KI in bestehende Systeme und Strukturen, wobei die Einhaltung ethischer Standards nicht zu unterschätzen ist. Wir müssen sicherstellen, dass die Technologie ethisch vertretbar eingesetzt wird, die Autonomie und Würde der Personen respektiert wird und der Einsatz von KI-Technologien nicht zu einer noch größeren Diskriminierung bestimmter Gruppen führt. Diese ethische Dimension erfordert ein tiefes Verständnis und eine sorgfältige Planung, um sicherzustellen, dass KI die Menschlichkeit in der Betreuung unterstützt und nicht untergräbt.

Wie könnten diese Herausforderungen überwunden werden?

Lea Bergmann: Ein Schlüssel liegt in der Bildung und Weiterbildung der Fachkräfte. Sie müssen nicht nur in der Anwendung der neuen Technologien geschult werden, sondern auch ein tiefes Verständnis für die ethischen Aspekte der KI-Nutzung entwickeln. Zudem ist es wichtig, dass die Entwicklung von KI-Lösungen in enger Zusammenarbeit mit Praktiker:innen aus der Sozialwirtschaft erfolgt, um sicherzustellen, dass die Technologie tatsächlich den Bedürfnissen der Nutzenden entspricht.

Könntest du ein spezifisches Beispiel geben, wo KI bereits erfolgreich eingesetzt wird?

Lea Bergmann: Ein gutes Beispiel ist der Einsatz von KI in der personalisierten Medizin innerhalb der Sozialwirtschaft. KI-Systeme werden hier verwendet, um große Datenmengen aus der Gesundheitsgeschichte der Patienten zu analysieren, um individuell angepasste Behandlungspläne vorzuschlagen. Dies hilft, die Wirksamkeit der Behandlung zu verbessern und gleichzeitig die Kosten zu senken.

Gibt es Risiken bei der Implementierung von KI, die speziell in der Sozialwirtschaft berücksichtigt werden sollten?

Lea Bergmann: Ja, ein spezifisches Risiko ist der potenzielle Verlust von menschlichem Kontakt. In Bereichen wie der Altenpflege oder der Unterstützung von Personen mit Behinderungen ist der menschliche Kontakt nicht nur eine Dienstleistung, sondern ein wesentlicher Bestandteil der emotionalen und psychischen Unterstützung. KI sollte diese Interaktionen ergänzen, nicht ersetzen.

Welche Rolle spielt die Datenqualität bei der Implementierung von KI?

Lea Bergmann: Die Datenqualität ist absolut kritisch. Um zuverlässige KI-Systeme zu entwickeln, benötigen wir hochwertige, vielfältige und umfangreiche Datensätze. Mangelhafte oder voreingenommene Daten können zu fehlerhaften Schlussfolgerungen und Entscheidungen führen, was besonders in der Sozialwirtschaft schwerwiegende Folgen haben kann.

Abschließend, welchen Rat würdest du Einrichtungen geben, die überlegen, KI-Technologien einzuführen?

Lea Bergmann: Mein Rat ist, klein anzufangen und spezifische Probleme anzugehen, bei denen KI eine klare Verbesserung bieten kann. Es ist auch wichtig, offen für Veränderungen zu sein und die Technologie als Werkzeug zu sehen, das die menschliche Arbeit unterstützt und ergänzt, nicht ersetzt.

Mit den Einblicken von Lea Bergmann schließen wir unser Gespräch über die Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz in der Sozialwirtschaft ab. Wie Lea erläuterte, ermöglicht KI nicht nur eine Verbesserung und Personalisierung von Dienstleistungen, sondern verlangt auch eine sorgfältige Betrachtung ethischer Richtlinien, um ihren Einsatz zum Nutzen aller zu gewährleisten.

Das Projekt „pulsnetz MuTiG“ wird im Rahmen des Programms „Zukunftszentren“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.

In unserem kostenlosen Talkformat behandeln wir regelmäßig spannende Themen wie KI in der Sozialwirtschaft. Möchtest du den nächsten Termin nicht verpassen? Melde dich für unseren Newsletter an oder folge uns auf LinkedIn, um aktuelle Informationen zu erhalten!